Dienstag, 4. Oktober 2016

Ein Sprung von den Alpen nach... Alexandropolis

Lange ist es her und in den letzten Tagen ist vieles passiert. Von Verfolgungsjagden durch die naechtlichen Gassen Venedigs bis hin zum erklimmen der steilen Bergpaesse des E5, die letzten wenigen Tage waren die bisher aufreibensten unserer Reise.

Nach einer erholsamen Nacht bei Manuela starteten wir wieder frueh am morgen, liessen allerdings einige Sachen zurueck. Sein wir mal ehrlich, ein Kochtopf, lasst sowas lieber daheim und nehmt einen kleinen feuerfesten Becher mit auf den Weg.

Wir wanderte einige Kilometer unserer Fitness zu liebe und blieben zum Abend hin in einem kleinen Ort Namens Roppen. Keine Couchsurfer, keine Gaststaetten und bittere 5 Grad. Wir machten uns mit dem Wissen das diese Nacht alles andere als erholsam wird auf den Weg zu einem angeblichen Campingplatz. Weitgefehlt, nur eine Wiese direkt an der Hauptstrasse. 
Wir wollten gerade dazu ansetzen unsere Zelte aus unseren immer noch schweren Rucksaecken zu zerren als ein Auto neben uns anfuhr und stehen blieb. Wir sahen wohl ziemlich angeschlagen aus und wenig spaeter fanden wir uns bei Helmut und seiner Frau wieder.
Helmut selbst, so sagte er, wuerde gleich am naechsten Tag nach Soelden fahren und uns mitnehmen. Nennt es Glueck oder Fuegung, es ist genau der Ort an dem der E5 beginnt, unserer Route ueber die verbleibenden Alpen nach Italien.


Wir trieben uns gegenseitig an die engen und steilen Bergpaesse zu erklimmen und erreichten unter einen absolut blauen Himmel die Spitze des Timmelsjochs. 
Oesterreich lag uns im Ruecken und Italien erstreckte sich direkt vor uns.




Leider litten Necips Fuesse sehr unter den Strapazen und notgedrungen mussten wir auf die ueberraschend guenstigen Bus- und Bahnverbindungen umsteigen, doch nach kurzer Zeit und einer kalten Nacht in Verona kamen wir endlich in Venedig an.

Traumziel fuer Menschen aus aller Welt, farbenfrohe Stadt auf dem Wasser, Geburtsort Marco Polos und ehemalige Handelsmetropolo und Tor in den Rest der Welt. 
Auch fuer uns ist Venedig unsere Eintrittskarte in weit entfernte Laender, in diesem Fall Griechenland.
In der Stadt selbst legte mein Reisegefaehrte sich in einen besonders sonnigen Bereich des Markusplatzes, den von Touristen am staerksten besuchten Stadtteil und machte ein Nickerchen.
Ich besuchte diese Stadt zum dritten Mal und hatte immer noch nicht alle Gassen und Stadtteile erkundet. 
Es war bereits spaeter am Abend und noch immer lief ich ueber Bruecken und Stege auf der Suche nach dem Haus in dem Marco Polo das Licht der Welt erblickte und entschied seine Reise entlang der Seidenstrasse zu starten. Das Haus selbst, zu dem mich ein Gondolierie nach Feierabend fuehrte ist ein sehr altes Backsteingebaeude mit vielen zugemauerten ehemaligen Fenstern und liegt direkt vor einem kleinen Kaffee. 
Nennt es den Geist eines Abenteurers aus einer laengst vergangenen Zeit oder aber die Lust am Abenteuer selbst, aber ich fuehlte direkt eine tiefe Verbundenheit zu diesem Ort. Ich malte mir in Gedanken aus wie Marco selbst in diesem Gebaeude seine Kindheit verbrachte, spielte und langsam zu einem Erwachsenen heranwuchs mit einer Sehnsucht nach dem Unbekannten. Es gab mir das Gefuehl das ab jetzt die Reise tatsaechlich beginnen wuerde.



Ich machte mich auf den Weg zu einer einsamen Bank, ungefaehr 800 Meter vom Markusplatz entfernt um meinen neuen Federkiel auszuprobieren und den Tag passieren zu lassen als sich mir mit einem auffaellig schnellen Tempo ein Mann naeherte und sich auf die Bank neben mich fallen liess. Unaufhoerlich starrte mich dieser Mann aus dem Augenwinkel heraus an, mir wurde das sehr suspekt, also stand ich auf und ging. Wie befuerchtet folgte mir dieser, ich wollte daran glauben das es nur ein Versehen ist und dieser rein zufaellig in die selben Gassen einbog wie ich. Mehrmals stoppte ich an kleinen Restaurants, er passierte und wartete auffaellig hinter der naechsten Ecke. Ich ging weiter und wiederholte das Spiel noch weitere 4 Mal doch er liess nicht locker. Mir wurde das ganze zu viel, ich setzte mich an einen Tisch in einer weiteren Gasse zu einer Gruppe Deutschen, schilderte ihnen lauthals meine Situation sodass auch dieser Kerl es mit mitbekam. Etwas verdutzt blieb dieser stehen, brauchte einen Moment um zu begreifen und machte sich anschliessend mit hastigen Schritten aus der Szenerie. 
Eilig machte auch ich mich zurueck auf den Weg zu Necip, dieser sass nun auf einen Stuhl und lauschte den klaengen des naechtlichen Italienischen Orchesters. Ich erzaehlte ihm was passiert sei und als ich damit fertig war waren die Worte die mich stutzig werden liessen etwas an das in nicht Gedacht hatte. 
"...er wird es jetzt bestimmt bei jemand anderen versuchen". 
Jemand der es vielleicht nicht mitbekam das er verfolgt werden wuerde. Ich entschuldigte mich hastig und machte mich zurueck auf den Weg zurueck an die Stelle an der ich auf ihn traf und tatsaechlich, dort sass er, einsam und lauernt auf einer Bank und beobachtete eine junge Frau, gerade mal 16 Jahre geschaetzt. Mir fiel auf das auf der anderen Seite des Weges ein Mann, um die 50 stand und diese ebenfalls beobachtete. Was soll ich tun? Habe ich Beweise und was wuerde die Polizei gegen ihn unternehmen koennen? Ich weiss nicht wieso aber meine Fuesse trugen mich automatisch in seine Richtung, er bemerkte mich und wendete den Blick von ihr ab. Von da an kam es mir wie eine Ewigkeit vor, das Maedchen war schon laengst gegangen und dieser Kerl liess seinen Blick nicht von mir ab. Waeren nicht all die Touristen gewesen, wer weiss was dieser Mann getan haette. Ging ich ein wenig den Weg ab so folgte er mir und in einem Moment liefen wir an einer kleinen Bruecke genau an einander vorbei.  Da war kein Zweifel mehr in mir, ich musste etwas unternehmen und als ich die Zentrale der Italienischen Armee passierte kam mir die Idee. Diese selbst war ein kleines unscheinbares Gebaeude und er selbst schien es nicht erkannt zu haben. Ich wartete an die 20 Minuten vor diesem und mittlerweile schlug die Turmuhr 0 Uhr, der letzte Tourist passierte und nur noch er und ich standen uns gegenueber. Langsam setzte er an und auch ich machte meinen Schritt in Richtung der angelehnten Tuer und lief laut "Police, help" und klingelte wie verrueckt an der Klingel. Er begriff und rannte wie verrueckt die Strasse hinunter. Ich liess den Moment sacken und setzte mich erleichtert an die Tuerschwelle. Einen kurzen Moment spaeter stand ein Italiener vor mir, nicht in Uniform sondern ganz alltaeglichen Klamotten. Er schaute verwundert zu mir hinunter und sagte "Sorry pal, the police is the door inside".

Am naechsten Morgen holten wir unsere Koffer von einen Lagerservice ab und erwischten nach einer kurzen Zugfahrt die Faehre nach Griechenland im letzten Moment. 
Die Fahrt mit einem Boot der Aneklinie in der Holzklasse selbst war eher Ereignisslos. Angekommen in Igoumenitsa und der immernoch vorhandenen Verletzung von Necip an seinen Fuessen waren wir auf eine Mitfahrgelegenheit angewiesen und gleich beim ersten Versuch hielt mit quietschenden Reifen ein schwarzer Mercedes neben uns. Ein schweizer Paearchen namens Hans und Susanne und ein hechelnder Laprador laechelten uns entgegen und nach einer kurzen Absprache stiegen wir ein in Richtung Ioannina. 
Dort angekommen uebernachteten wir vor einem grossen, giftgruennen See inmitten einer kleinen Stadt zwischen den Erhebungen der gruen gesprenkelten Berge Griechenlands. Am gleichen Abend noch verirrte sich James, ein Franzose zu uns, ebenfalls abgetan davon die ueberteuerten Campingpreise zu bezahlen. Dieser war im Land um nach seinem Studium einen Vortrag ueber Ecomanegment fuer eine grosse Firma zu halten.
Am naechsten Morgen verabschiedeten wir uns voneinander und stiegen wieder zu den beiden Schweizern ein die uns erlaubten mit ihnen bis in das ueber 550 Kilometer entfernte Alexandropolis mitzunehmen. 

Hier sind wir also. Wir verbrachten einen Tag am Strand und assen Galactoboureko, eine in Blaetterteig gefuellte Mischung aus Vanillepudding und Griess. Den Abend verbringen wir bei Elissavet, einer Griechin mit der jungen Franzoesin Carolin die ebenfalls bei Couchsurfing einen Platz bekam.

Von hier an sind es nicht einmal mehr als 70 Kilometer bis an die Tuerkische Grenze und sie nimmt uns bereits morgen frueh ein kleines Stueck mit.




(In Griechenland gibts kein Ü oder ß, also nicht wundern)





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